Wendigos Wahrheit: Teaser & Rezi zum Shadowunroman

Wendigos Wahrheit ist mein dritter Shadowrunroman. Mein erster Romans aus der Ich-Perspektive und in nur 6 Monaten geschrieben. Trotzdem habe ich zur Vorbereitung eine wissenschaftliche Arbeit über weibliche Hard-Boiled Charaktere gelesen, und Berichte des Bundeskriminalamts über die Mafia. Die knappe Zeit führte dazu, dass ich beim Schreiben deutlich weniger nachgedacht habe als sonst. Das sollte ich laut meinem Lektor öfter tun (wenig Nachdenken), dann würden die Bücher besser werden. Das er damit recht haben könnte zeigt eine der ersten Rezensionen, die ich gefunden habe. Aber erstmal der Klappentext:

Kein Platz für Helden

Der Rhein-Ruhr-Megaplex: ein Moloch aus Klassenunterschieden, Konzernintrigen und Unterweltkonflikten. Auf der Oberfläche blinken Konzernlichter und versprechen ein behütetes Leben innerhalb der Wohnenklaven. Aber darunter brodelt der tägliche Kampf ums Überleben zwischen toxischen Brachen und den Gefahren der Schattenwelten.

Die zwergische Privatermittlerin Hermine Wendigo nimmt den Auftrag an, die Mörder einer ehemaligen Mafiasoldatin aus dem Rhein-Ruhr-Megaplex zu finden. Die „Familie“ scheint nicht interessiert an einer Aufklärung. Die Polizei noch weniger. Je weiter Wendigo der mörderischen Spur in die Schatten folgt, desto tiefer versinkt sie in einen Krieg der Mafia, in dem alles in Gefahr gerät: ihre Überzeugungen, ihre Loyalitäten und ihr Überleben.

Und hier die versprochene Rezension. Ja ich bin rot geworden beim Lesen. Glücklicherweise ist sie nicht die einzige, die in diese Richtung geht, sonst hätte ich sie für einen Ausreißer gehalten. Anscheinend ist mir mit Wendigos Wahrheit wirklich ein Kleinod gelungen.

Habe ihn als absoluter Grade-Fan bereits gelesen. Wegen des Klappentextes war ich diesmal skeptisch: Eine Detektivgeschichte, echt jetzt? Doch „Wendigos Wahrheit“ ist vom Niveau bei Nigel Findley und Dirk Montgomery. Grade erzählt wieder phänomenal! Und er seziert gesellschaftliche Verhältnisse der sechsten Welt mit einer Ernsthaftigkeit, als würde er wirklich darin leben. Messerscharf und auf den Punkt sind seine Darstellungen von metamenschlichem Leben als Zwergin, Trollin oder SURGE-Infizierte*r. Kenntnisreich sind seine Verweise auf zwischenmetamenschliche Tragödien, mit denen die Protagonistin zeitlebens zu kämpfen hatte und hat. Und großartige, bisher ungelesene Ideen, bspw. zur Nutzung von AR-Therapeuten, bereichern die Welt von Shadowrun ungemein. Dabei entwickelt sich die Geschichte und auch das Bild der Protagonistin erst nach und nach. Rückblenden und aktuelles Geschehen sind eng miteinander verwoben. Gerade das macht diesen Roman so richtig rund und durchweg spannend. Denn Romane mit Standard-Runs, die lediglich Inhalte aus Quellenbüchern in erzählerischer Form wiederkäuen, gibt es massenhaft. Da ist Grades Welt wohltuend anders.

Dieser Roman verdient es, über Shadowrun hinaus Beachtung zu erfahren. Es handelt sich um Literatur im besten Sinne. Die Charaktere sind vielschichtig und offenbaren sich und ihre Dämonen erst im Laufe der Zeit. Dabei ist Grades Erzählweise niemals kitschig oder platt, sondern ernsthaft sentimental und oft beklemmend. Er ist viel näher an John le Carré als an jedem Groschenroman in einfacher Sprache. „Wendigos Wahrheit“ ist definitiv ein Fall für das Feuilleton, das sich nicht vom Shadowrun-Setting abschrecken lassen sollte.

Ich weiß nicht wer diese Rezension geschrieben hat. Sie taucht unter verschiedenen Namen auf, zuerst gefunden habe ich sie bei Pathfinderinfinite.

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